Der Echo – Deutsche Preisverleihung mit Hitler-Witz(41) Von Michael Pilz 22. Februar 2009, 08:53 Uhr
Die Echo-Preise sind mit viel Tamtam vergeben worden. Großer Abräumer: Peter Fox. Trotz internationaler Stargäste wie U2 und Depeche Mode war die Veranstaltung in Berlin eine sehr deutsche Angelegenheit. Gelobt wurde deutsches Bier, Bono trat unterm Bundesadler auf, und Pocher leistete sich einen Führerwitz.
In den vergangenen Jahren wurde Deutschlands Antwort auf den Grammy zwar schon in Berlin gegeben. Bisher aber in Kongresszentren oder Hotelhallen. Nun wird der Echo 18 Jahre alt, sozusagen volljährig, und die Verleihung geht in der O2-World über eine großzügig geschwungene Bühne. Auch Berlin verfügt inzwischen über eine Mehrzweckhalle wie sie viele Weltstädte besitzen. Nicht mehr RTL sendet die Echo-Gala aus dem Saal hinaus ins Land, sondern die ARD. Durch Show und Sendung führt Oliver Pocher, unterstützt von Barbara Schöneberger. Pocher schwört die Gäste vor der Übertragung ein: „Selbst wenn es Volksmusik sein sollte – klatschen Sie!“ Das ist kein Witz. Denn anschließend ehrt Florian Silbereisen den Kollegen Thomas Godoj, einen 30-jährigen Absolventen der DSDS-Talentsichtung, als Newcomer des Jahres. Später überreicht die fast vergessene Mädchengruppe Monrose einen weiteren Echo an die Kastelruther Spatzen, ihren zwölften.
Als die ersten Preise 1992, noch in Köln, verliehen wurden, feierte die deutsche Plattenindustrie sich selbst im kleinen Kreis. Dann zog sie nach Hamburg und wurde dort zur größten deutschen Musik-Leistungsschau. 2001 kam auch der Echo nach Berlin. Die Popmusik machte erhebliche Verluste, und bislang hat sie sich nicht davon erholt. Der Echo wird schon deshalb derart festlich an die Musiker verteilt, um deren Dienstleistungen wieder aufzuwerten.
U2 unterm Bundesadler
Daher die O2-World und die ARD, ein fliederfarbener Teppich für die Prominenz und internationaler Beistand von U2. Die Band bewirbt ihr neues Stück „Get On Your Boots“. Den Deutschen macht sie eine Freude mit der Videowand, wo sich der strenge Bundesadler auf der Flagge in einen vergnügten Schmetterling verwandelt. Depeche Mode, die New-Wave-Lieblinge der Deutschen, spielen einen neuen Song als Weltpremiere. Andere Bühnengäste aus der weiten Welt sind nominiert für einen Preis, den sie praktischer Weise auch bekommen. Die Schottin Amy MacDonald etwa. Oder der englische Tenor Paul Potts, ein ehemaliger Telefonverkäufer. Er nimmt seinen Preis von Christian Wulff, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten, in Empfang. Als Potts im Nebel „Nessun Dorma“ vorträgt, wird im Saal geweint wie in der T-Com-Werbung. Pop wird auch der bis heute größten Echo-Gala präsentiert als Nationalkultur. Nicht als eine globale Angelegenheit, die sie schon immer war.
Der Ehren-Echo für die 50-jährige Plattenfirma Motown wird an Lionel Richie überreicht. Sofort eilt Richie von der Preis- zur Musizierbühne an einen weißen Flügel. Beim Song „Ain’t No Mountain Hight Enough“ gesellt sich Stefanie Heinzmann („Beste Künstlerin National“, vom stammelnden Bushido dekoriert) hinzu. So weist der hiesige Pop allerdings weniger auf seine Weltbedeutung hin, als auf sich selbst zurück. Kid Rock sendet die Danksagung für den in Deutschland meistverkauften Song per Video aus Amerika. Er lobt das deutsche Bier.
Der Preis fürs Lebenswerk tragen in diesem Jahr die Scorpions nach Hannover. 1992 nahm ihn Udo Lindenberg entgegen. Lindenberg wird heute wiederum zum „Besten Künstler National“ gekürt. Im Astronauten-Anzug singt er „Woddy Woddy Wodka“, seinen schönsten Song seit 30 Jahren, unter einer Weltkugel. Der Echo richtet sich nach keiner Jury wie der internationale Grammy. Es geht um Bilanzen, an der Kasse gibt der Käufer seine Stimme ab. Es werden immer weniger Stimmen insgesamt. Die Abwertung schreitet voran.
Die gute Nachricht: Peter Fox bekommt drei Echos. Einen in der Sparte HipHop, einen weiteren als Produzent sowie den erstmals von Till Brönner überreichten Preis der Kritiker. Fox ist der Sieger dieses Jahres. Ein Berliner, der die Stadt besingt als Rattenloch und Affenkäfig, also wie sie von der Welt ganz gern gesehen werden möchte. Peter Fox schafft Pop von Wert. Die schlechte Nachricht: Oliver Pocher. Als ihm Lionel Richie den Termin seines Konzerts verrät, den 20. April 2009 in der O2-World von Berlin, es gibt noch Karten, sagt der Moderator: „Ein spezieller Tag für uns.“ Auf Englisch. Adolf Hitler kam am 20. April zur Welt. Musik verkauft man nirgendwo mit schlechten, billigen Witzen
http://www.welt.de/fernsehen/article3250...itler-Witz.html